Die tierärztliche Behandlung eines Pferdes

Die tierärztliche Behandlung eines Pferdes


Die tierärztliche Behandlung eines Pferdes


Ein Pferd zu halten bedeutet nicht nur, es zu reiten, zu striegeln oder die Box zu säubern. Es bedeutet, sich voll und ganz um ein Lebewesen zu kümmern, inklusive aller Vor- und Nachteile.


Dazu gehört auch der regelmäßige Besuch eines Tierarztes. Sei es, weil der nächste Impftermin ansteht, zur Kontrolle der Zähne oder weil der geliebte Vierbeiner eine Kolik oder eine andere Krankheit hat, die dringend tierärztlich behandelt werden muss. Gründe für die Hinzuziehung eines Tierarztes gibt es zahlreiche. Grund genug, sich mit den rechtlichen Hintergründen des tierärztlichen Behandlungsvertrages zu befassen.


Wird ein Tierarzt zur Behandlung eines Pferdes (oder eines sonstigen Tieres) beauftragt, handelt es sich um einen Dienstvertrag. Dies bedeutet, dass der Tierarzt nicht zur Erbringung eines bestimmten Erfolges verpflichtet ist, wie es bei einem Werkvertrag der Fall wäre (zwischen dem Hufschmied und dem Pferdebesitzer kommt dagegen in der Regel ein Werkvertrag zustande, da der Beschlag geschuldet ist). Vielmehr ist der Tierarzt verpflichtet, seine Dienste im Rahmen des tierärztlichen Sorgfaltsmaßstabes zu erbringen, sich also um die Wiederherstellung der Gesundheit des Tieres zu bemühen. Beim Ausbleiben des erhofften Erfolges der Behandlung oder Auftreten unerwünschter Nebenwirkungen liegt daher nicht zwingend eine Vertragsverletzung vor.


Davon gibt es allerdings Ausnahmen, wie das OLG Hamm mit Urteil vom 16.08.2007 (Az. 10 U 166/06) ausführte. Der vom Kläger in Anspruch genommene Tierarzt hatte ein Pferd über einen längeren Zeitraum aufgrund bestehender Lahmheit behandelt, jedoch erst nach drei Monaten geröntgt und dabei eine ältere Fissur am Fesselgelenk entdeckt. Ein vom Gericht bestellter Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass der Tierarzt die Verletzung früher hätte erkennen und behandeln können. Das Gericht erkannte in dem unterlassenen Röntgen einen „leichten“ Behandlungsfehler und warf dem Tierarzt eine fehlerhafte Interpretation seines ohne Röntgenaufnahme gewonnenen Untersuchungsergebnisses vor.


Vom Tierarzt werden also eine gewissenhafte Vorgehensweise sowie tiermedizinische Kenntnisse und Erfahrungen erwartet. Andererseits muss der Pferdehalter die (objektive) Pflichtverletzung und die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden darlegen. Er muss also beweisen, dass die dem Tierarzt vorgeworfene Pflichtverletzung zu dem Schadenereignis geführt hat. Dies war im obigen Fall, in welchem ein weiterer Tierarzt das Pferd nach Feststellung der Fissur durch den beklagten Tierarzt operiert hat und das Pferd in der Aufwachphase einen vollständigen Bruch des Fesselgelenks erlitt und anschließend eingeschläfert werden musste, gerade nicht der Fall. Denn das Gericht vertrat die Auffassung, dass eine solche Verletzung (der vollständige Bruch) bei einem frisch operierten Pferd zwar selten vorkomme, jedoch im Rahmen einer operationsbedingten Narkose möglich sei und sich somit das allgemeine Operationsrisiko verwirklich habe. Durch die Nichtfeststellung der Fissur sei die Operation lediglich später durchgeführt worden, das allgemeine Operationsrisiko war jedoch gleich hoch.


Der vollen Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Tierarzt seine Sorgfaltspflichten verletzt und somit durch den Behandlungsfehler einen Schaden verursacht hat, ist der Pferdehalter in diesem Fall somit nicht nachgekommen.


Eine Beweiserleichterung oder Beweislastumkehr (dann muss der Tierarzt beweisen, dass kein Behandlungsfehler vorliegt), ist bei einem groben Behandlungsfehler anzunehmen, etwa wenn das Verhalten des Tierarztes einen eindeutigen Verstoß gegen bewährte tierärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte tiermedizinische Kenntnisse darstellt. Es müsste sich um einen Fehler handeln, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, er einem Tierarzt also objektiv nicht unterlaufen darf (z.B. Befunderhebungsfehler bei einem Routineverfahren: Zwillingsträchtigkeit wird nicht festgestellt wird, weil nicht die gesamte Gebärmutter mittels Ultraschalls erfasst wurde).


Bei der Bemessung der Schadenshöhe verbleibt es jedoch bei der vollen Darlegungs- und Beweislast des Pferdehalters.

Eine weitere Möglichkeit der tierärztlichen Haftung liegt bei fehlender Aufklärung vor. Die tierärztliche Aufklärungspflicht geht nicht so weit wie im Bereich der Humanmedizin, weshalb sich Art und Umfang der Aufklärung durch den Tierarzt nach den für ihn erkennbaren (oft wirtschaftlichen) Interessen des Auftraggebers richten. Bei der Aufklärungspflicht ist schließlich zu unterscheiden zwischen dem typischen Risiko der Behandlung, über das aufzuklären ist, und einem allgemeinen Risiko der Behandlung, welches unabhängig von der Art der Behandlung besteht und über das nicht aufgeklärt werden muss, wenn es unbedeutend erscheint.


Die ebenfalls rechtlich bedeutsame tierärztliche Kaufuntersuchung wird in meinem nächsten Beitrag vorgestellt.

Haben Sie Fragen rund um den tierärztlichen Behandlungsvertrag? Dann kontaktieren Sie mich gerne zwecks einer umfassenden Beratung.



Lisa Adler-Malm
Rechtsanwältin


Beitrag veröffentlicht in: Pferde Rhein Main, Ausgabe Dezember 2020

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